ISBN 978-3-86841-015-0
523 Seiten
24,50 €
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Hans
Jürgen Degen
"Die Wiederkehr der Anarchisten"
Anarchistische Versuche 1945-1970
Im gesamtgesellschaftlichen politischen Rahmen, in seiner
politischen Wirksamkeit war der Anarchismus in Deutschland
nach 1945 marginal. Dennoch hat er unzweifelhaft Denkanstösse
und Impulse für vielfältige politische Diskussionen
abgegeben. Offengelegt wurde dies von verschiedenen Autoren
(s. z.B. Kapitel III.: Anarchismus-Rezeption) und Forschern
(siehe z.B. Kapitel II.: Einleitung); nicht zuletzt auch
von Publizisten (siehe z.B. Kapitel VI.: Arnold Künzli).
Auch Hans-Joachim Bloch, Direktor beim BRD-Verfassungsschutz,
notabene kein Sympathisant des Anarchismus, entdeckte (zwar
eingeschränkt) 1989 Positives im Anarchismus:
„Der Anarchismus hat schon frühzeitig Kritik an den Gefahren der modernen
Zivilisation geübt – und damit einen gewissen Realitätssinn bewiesen.
Um so unverständlicher ist sein grenzenloser, gefährlicher Optimismus
hinsichtlich der Anarchie: Ist einmal der Staat beseitigt, dann wird sich alles
zum Guten wenden!“
Rezension:
Helge Döhring: Anarchismus in Deutschland 1945-1970 erschienen in: contraste - November 2009
Das politische Klima in der BRD gilt bis Mitte der 1960er Jahre als eher ruhig, als »Bleierne Zeit«. Hans Jürgen Degen machte über diese Jahre eine Bestandsaufnahme anarchistischer Gruppen und Aktivitäten. Das ist gerade deshalb verdienstvoll, weil die meisten Forschungen sich auf die Blütezeiten des Anarchismus stürzen. Denn die Zeiten sind nicht immer rosig, und von nichts kommt bekanntlich nichts. Es blieb größtenteils bei Versuchen von Organisation und Zeitschriften, die schnell ihr Erscheinen einstellten.
Interessant sind da eher die Ideengänge, welchen sich Degen in diesem Buch widmet und feststellt, dass verschiedene Strömungen des Anarchismus sich weniger separierten, sondern aufeinander zugingen in Ermangelung neuer Bewegungen. Wertvoll ist auch das Aufgreifen bekannterer Persönlichkeiten, beispielsweise von Augustin Souchy, Erich Gerlach, Otto Reimers und anderer, welche größtenteils schon in der Weimarer Zeit aktiv waren. Denn ihre Gedanken speisten sich noch aus einer gewissen Erdung tatsächlicher Bewegung, welche den Neo-Anarchisten weitgehend abging. Diese benennt Degen in großen Teilen als Anarcho-Marxisten, beispielsweise Rudi Dutschke. Darüber, inwieweit man sie als anarchistisch definieren kann, ist so manch aufschlussreiches Kapitel zu lesen, auch über das Verhältnis von Alt- zu Neo-Anarchisten, welche im Allgemeinen nicht viel miteinander anfangen konnten.
Sehr genau nimmt Degen die Vorstellungen der einzelnen Gruppen und Protagonisten auseinander. Dabei schöpft er aus einem schier unermeßlichen und breit gefächerten Archiv erstklassiger Quellen. Allein die ersten 70 Seiten bestehen aus einem Überblick über die Rezeption des Anarchismus in allen gesellschaftlichen Lagern. Folgende Organisationsversuche veranschaulicht Degen nebst Presseorganen und Mitgliedern: »Die Befreiung« (Willy Huppertz), »Anarchistische Vereinigung« Berlin, »Hamburger Gruppe«, »Lichtwärtsbewegung«, »Bund freier Sozialisten und Anarchisten«, »Direkte Aktion«, Gruppe »Erich Mühsam«, Arbeitskreis »Freunde Gustav Landauers«, »Arbeitskreis für anarchistische Philosophie« und die »Mackay Gesellschaft«. Dazu kommen verschiedene anarchistische Kongresse. Besonders skurril sind die beschriebenen Annäherungsversuche ehemaliger Strasser-Nazis an die Anarchisten.
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