ISBN 978-3-86841-110-2
312 Seiten
18 €

 

Miriam Magall
Noch einmal: Gegen Apion!
Der neue kulturelle Antisemitismus aus der Mitte der Gesellschaft


Um das Jahr 100 d.Z. verfasst der römische Bürger judäischer Abstammung mit dem Namen Flavius Josephus in Rom seine Schrift Gegen Apion. Darin tritt er für sein viel-fach geschmähtes, verleumdetes Volk ein. Denn schon lange vor der Zeitwende hat es in Kleinasien, Ägypten und Nordafrika, in Griechenland und Italien, ja sogar im fernen Spanien, Gallien und Germanien gehässige Angriffe auf Juden gegeben. Schon damals wurden Hass gegen und Neid auf die jüdischen Mitbürger geschürt dank gehässiger Hetzschriften aus der Feder damaliger „Persönlichkeiten“.
Flavius Josephus und die Verfasserin dieser Zeilen trennt eine Zeitspanne von beinahe zweitausend Jahren. Und doch wirkt das damals verträufelte Gift bis zum heutigen Tag fort. Zwar gibt es, gegenwärtig, in West- und Mitteleuropa nur selten tätliche Übergriffe, aber auch die unzähligen Nadelstiche sind mehr als beredt: Man spricht hinter -- noch -- vorgehaltener Hand von jüdischer Weltverschwörung und jüdischem Kapital, das die Welt umspanne.
Spätestens seit dem Herbst 1985 zeichnet sich ein „Ende der Schonzeit“ für Ju-den in Deutschland ab; erinnert sei an Der Müll, die Stadt und der Tod von Rainer Wer-ner Fassbinder, den Vortrag des Berliner Historikers Ernst Nolte im Juni 1986 und den anschließenden „Historikerstreit“ und an Martin Walsers Rede in der Paulskirche im Herbst 1998. Aber auch Wissenschaftler und Pseudo-Wissenschaftler verbreiten gerne ihre „Wahrheiten“ über die Juden, ihre Religion und Kultur, über Israel und seine Entstehungsgeschichte.

 

Rezension von Philipp Sonntag:

So mancher in Europa fragt sich, wie kann es sein, dass es hier schon etliche Jahrhunderte lang gezielte Angriffe und Übergriffe speziell gegen Juden gibt? Eine Antwort darauf wird in dem Fachbuch von Miriam Magall rasch überdeutlich: Schon vor etwa 2500 Jahren gab es gehässige Aufrufe und ein breites Spektrum von Gewalttaten in Kleinasien, Ägypten, Nordafrika, Griechenland, im Mittelmeerraum bis hin nach Spanien. Hass und Neid wurde in Hetzschriften geschürt. Von der Antike bis in unsere Zeit gibt die Autorin einen Überblick, indem sie sich akribisch auf Quellenstudien einlässt. Von daher ist es ein Buch, auf das „der moderne Mensch“, der Hintergründe gerne etwas genauer wissen möchte, lange gewartet hat. Als Einstieg wählte die Autorin eine Streitschrift die etwa 2000 Jahre alt ist, vom Römer Flavius Josephus: „Gegen Apion, über die Makkabäer“, die heute so aktuell ist wie damals und vor 20 Jahren sogar in zweiter Auflage im Dreieich Verlag erschienen war.

Miriam Magall ist enorm engagiert. Sie kämpft für das Existenzrecht von Israel, für ein Recht auf frei entfaltbares Leben für Juden. Ihre Kampfmittel sind in ihren zahlreichen Sachbüchern und Romanen ihre Buchstaben, sie nutzt sie wie ein Soldat seine Waffen. Als Child Survivor – welche die Nazi Verfolgung als Kind überlebt hat – ist sie hochsensibel für alle Arten und Schattierungen von Willkür gegen Juden. So nimmt sie Bezug auf Ereignbisse der letzten Jahre und Jahrzehnte wie „Der Müll, die Stadt und der Tod“ von Rainer Werner Fassbinder, auf den Vortrag des Berliner Historikers Ernst Nolte im Juni 1986 und den anschließenden „Historikerstreit“, auf Martin Walsers Rede in der Paulskirche im Herbst 1998. Zur Existenzberechtigung von Israel liefert sie reihenweise und anschaulich zielführende Hintergrunddaten. Bei allem Engagement achtet sie immer akribisch auf genaue Quellenangaben, bezieht gezielt den Kontext mit ein, in dem sich Antisemitismus manifestiert. Im Buch gibt es ein Personenregister und ein – nein kein Sachregister, das wäre wohl zu umfangreich geworden – aber eine Besonderheit, es gibt ein Ortsregister, das für Auswertungen sehr praktisch ist.

Das Buch ist dynamisch, lebendig lesbar. Ein Beispiel, bei allem bitteren Ernst gewährt die Autorin auch gerne dem Humor ein paar Zeilen, so auf Seite 283f:

Zu Jesu Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt gibt es übrigens eine aparte Variante in der muslimischen Welt (und sie zitiert ein Buch „Jesus in Kaschmir“). Demnach ist Jesus keineswegs am Kreuz gestorben. Zwar wird er ans Kreuz geschlagen, aber schon kurz darauf nimmt man ihn wieder vom Kreuz ab. Er ist schwer verletzt und ohnmächtig. Ein paar Tage später berichten mehrere Personen, ihm persönlich begegnet zu sein, darunter auch einige Jünger.

Wenn Autorin mal spekuliert, sie schreibt dann etwa „Man mag dem Glauben schenken oder auch nicht, Tatsache ist, dass ...“ und dann nennt sie mögliche Aspekte – etwa dass der die Kreuzigung überlebende Jesus Gründe hatte, zu fliehen. Was sie gerne mit sachlichen Daten aufdeckt, sind Verfälschungen der Geschichte. Anders kann es im Buch nicht sein, denn absichtliche Willkür gegen Juden war Jahrtausende lang der Kern des Antisemitismus. Wann wird der Antisemitismus endlich überwunden werden? Miriam Magall versucht gar nicht erst, eine Prophetin zu sein – aber ich meine sie will und kann zur Überwindung mit ihrem Buch beitragen.

Miriam kämpft mit aller Kraft, und oft darüber hinaus, für das Judentum und Israel. Ich meine, sie sollte mehr beachtet und gewürdigt werden, m.a.W. es wäre eine gute Tat und schön, wenn sie ihre Buchbesprechung in der MAHNUNG lesen dürfte, und so mal eine richtige Anerkennung und Freude hätte.

 

 

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