ISBN
3-936049-33-5
192 S., zahlr. sw. Abb.
16 €
Abel Paz
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Abel Paz
Feigenkakteen und Skorpione
Eine Biographie (1921-1936)
Kind zu spielen, wenn man schon über 80 Jahre alt ist,
ist nicht einfach. Und es ist noch schwerer, da ich weiß,
dass ich den Spanischen Bürgerkrieg, diese so kritische,
erschütternde und stürmische Periode, gut kenne.
Die Zeit vor und während des Spanischen Bürgerkrieges
gehört zur interessantesten der spanischen Sozialgeschichte.
Möglicherweise liegt der hauptsächliche Wert von
„Feigenkakteen und Skorpione“ in der Beschreibung einer Zeit
und eines Ortes, die für die Menschen von heute unendlich
weit entfernt sind.
In Feigenkakteen und Skorpione finden sich viele Ereignisse,
die meine Jugend geprägt haben und die letztlich entscheidend
für die spanische Geschichte waren: Die Proklamation
der Republik, der Streik in Asturien 1934, das vorrevolutionäre
Barcelona und schließlich, um nur die herausragendsten
Ereignisse zu erwähnen, der 19. Juli 1936, das Datum
des faschistischen Putsches und der darauf folgenden revolutionären
Antwort.
Die Geschichte von libertärer Revolution
und antifaschistischem Widerstand spiegelt sich im Leben des
spanischen Anarchisten Abel Paz wieder. Bereits als 15-jähriger
kämpfte er im Bürgerkrieg auf der Seite der CNT
gegen die Franco-Faschisten. 1939 floh er nach Frankreich,
kämpfte aber ab 1942 im Spanischen Untergrund gegen das
Franco-Regime, bis er verhaftet und bis 1953 inhaftiert wurde.
Heute lebt Abel Paz in Barcelona.
„Feigenkakteen und Skorpione“ ist der erste Band seiner vierbändigen
Biographie, die in loser Folge im Verlag Edition AV erscheinen
sollen.
Band 2: Anarchist
mit Don Quichottes Idealen (1936 - 1939)
Band 3: Im Nebel der Niederlage
(1939 - 1942)
Band 4: Am Fuß der Mauer (1942 - 1954)
Helge Döhring: „…mitten auf einem revolutionären Fest“ auf www.syndikalismus.info mehr...
Andreas Löhrer: "Eine ungewöhnliche
Kindheit in Spanien" in Die Aktion - Heft 216 mehr
...
Hans Jürgen Degen: "Biographie von
Abel Paz" in contraste, Dezember 2008 mehr
...
Helge Döhring: „…mitten auf einem revolutionären Fest“
Wer schon einmal einer überwiegend von Studierenden besuchten Veranstaltung mit dem Zeitzeugen der Spanischen Revolution, Abel Paz, beigewohnt hat, wird diese möglicherweise enttäuscht wieder verlassen haben. Eingenebelt vom eigenen Zigarrenqualm und auf einem Sessel gemütlich zurückgelehnt, lässt dieser kleine, gebrechlich erscheinende über 80-jährige Mann kaum eine Gelegenheit aus, auf Fragen zur revolutionären Geschichte Spaniens mal lakonisch, mal barsch zu reagieren. Manchmal wirkt er geradezu griesgrämig. Er weiß es und spielt mit dem Publikum, lässt es auflaufen. Die Spanische Revolution sei Vergangenheit, unwichtig für heute. Auch bei Fragen zur Gegenwart gibt er sich eher verschlossen.
Wer dort jedoch den Büchertisch aufsucht, wird feststellen können, dass Abel Paz nicht nur als Biograph Durrutis sehr viel zu erzählen hat, sondern auch seine eigenen Lebenserfahrungen in erkenntnisreichen Sätzen zusammenfassen kann. Hier bietet sich ein Zugang zu ihm, der sich wirklich lohnt, nämlich nicht über abgehobene Wissenschaft und vorgegebene Denkstrukturen, sondern über das Leben als Mensch in seiner Gesamtheit. Wer ihn auf einer Veranstaltung genau betrachtet, kann dies auch erkennen. Wer den ersten Teil seiner jetzt erschienenen Biographie, „Feigenkakteen und Skorpione“, liest, weiß es.
Paz, Jahrgang 1921, verbringt seine Kindheit im andalusischen Almeria. Kopf der in ärmlichen Verhältnissen lebenden Familie ist seine Mutter. Paz lernt auf eigene Faust lesen und schreiben, macht in sehr jungen Jahren seine ersten sexuellen Erfahrungen, und wirkt in jeder Phase wissensdurstig – Voraussetzung für ein spannendes Leben, an dem er uns hintergründig dargeboten bis zum Ausbruch der Spanischen Revolution im Jahre 1936 teilhaben lässt. Er geht nach Barcelona zu seinem Onkel, besucht dort eine der modernen weltlichen Schulen, die nach den Prinzipien des libertären Pädagogen Francisco Ferrer aufgebaut wurden, und findet Anschluß an die anarcho-syndikalistische Jugendorganisation. Am Vorabend der Revolution beschreibt er die Stimmung in der Stadt, die politischen Hintergründe und die unmittelbare Wechselwirkung auf sich und sein Lebensumfeld. Er gibt uns Einblick in die Arbeiterkultur und schließlich in die konkreten Vorbereitungen, sich den Faschisten entgegenzustellen. Paz selber ist zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alt und hat in der Arbeitswelt bereits Erfahrungen in einer Textilfabrik und als Verkäufer in einem Kiosk gemacht. In letzterer Eigenschaft bekommt er die Stimmung in der Bevölkerung Barcelonas hautnah mit, die letzten Tage vor der Revolution lässt er uns in einem Zeitticker miterleben. Abel Paz erläutert uns die Grundsteine seines Lebens, die ihn schließlich dazu befähigen sollten, über die Spanische Revolution hinaus im Untergrund gegen den Franco-Faschismus Widerstand zu leisten, für fast 10 Jahre inhaftiert zu werden und ins Exil zu gehen, um erst nach Francos Tod nach Spanien zurückzukehren.
Jede Revolution trägt kulturelle Voraussetzungen in sich, so bringt es Paz schriftlich und verbal zum Ausdruck. Seinem Publikum in den Veranstaltungssälen hält er dazu gerne mal den Spiegel vor.
Andreas Löhrer: Eine ungewöhnliche Kindheit
in Spanien
Diego Camacho hat unter
dem Pseudonym Abel Paz eine umfangreiche Biographie des spanischen
Anarchosyndikalisten Buenaventura Durruti geschrieben. Nun
hat er seine eigene Lebensgeschichte aufgeschrieben, die auf
Spanisch in vier Bänden erschienen
ist. Der erste Band liegt nun unter dem Titel Feigenkakteen
und Skorpione auf Deutsch vor.
Abel Paz (der am 13. April 2009 87-jährig in Barcelona
verstarb) schildert darin seine Kindheit und Jugend in Almeria
und Barcelona, wo er zeitweise bei einem Onkel lebt, der
Kontakt zur CNT hat. Aus einfacher Familie stammend, hütet
er Ziegen, und sein Schulbesuch endet damit, dass er dem
Lehrer gleich am ersten Tag ein Tintenfass an den Kopf wirft
und davonläuft. Seine Mutter ist empört über
den autoritären Lehrer und meldet ihren Sohn sofort
wieder ab. Daraufhin bringt ihm eine Ladenbesitzerin Lesen
und Schreiben bei.
Diego wächst in einer toleranten Familie auf, die Mutter
tritt der Landarbeitergewerkschaft bei und schon als Zehnjähriger
wird er mit Politik konfrontiert. In Barcelona erlebt er
Mietstreiks, in Almeria nimmt er an Versammlungen der Landarbeitergewerkschaft
teil. Was ihn dabei beeindruckt, ist, dass die Erwachsenen
ihn stets ernst nehmen und nicht als unmündiges Kind
behandeln. Das Buch ist gleichzeitig ein wertvolles Sozialporträt
Spaniens in den zwanziger und dreißiger Jahren und
zeigt auch die Unterschiede zwischen Andalusien und Barcelona.
Von der Ausrufung der spanischen Republik im Jahre 1931 bis
zum Antritt der Rechtsregierung von 1933 und dem Aufstand
der Bergarbeiter in Asturien hat dieser Junge alle wichtigen
Ereignisse im Spiegel der Erwachsenenwelt miterlebt. Die
revolutionäre Erhebung gegen den Putsch der Generäle
im Juli 1936 erscheint daher als logische Konsequenz einer
langfristigen Zuspitzung der sozialen Konflikte, die Diego
Camacho ausführlich schildert, wobei er jeweils von
seinen persönlichen Erlebnissen als Kind und als
Jugendlicher ausgeht. Immerhin ist er erst 15 Jahre alt,
als er am 19. Juli 1936 als Aktivist der Juventudes Libertarias
auf die Straße geht, seine Erfahrungen sind aber eher
die eines 21-jährigen. Gerade ist auch der zweite Band
erschienen, die weiteren Bände der Autobiographie von
Abel Paz erscheinen in lockerer Reihenfolge, wie der Verlag
angekündigt hat.
Hans Jürgen Degen:
Biographie von Abel Paz
Die spanische anarchistische/anarchosyndikalstische
Bewegung ist ein Mythos. Ausgeschlachtet von parteiischen
Schreibern ist die anarchosyndikalistische CNT immer wieder
instrumentalisiert worden. Fazit der bibliotheksfüllenden
Schriften über den spanischen Anarchismus - und notabene
den "Bürgerkrieg" - ist, dass hier noch viele
Fragen zu stellen sind, die beantwortet werden sollten
[...]
Es sind aber nicht primär die politischen Vorgänge,
die die Biographie von Paz bestimmen: Es sind der soziale Hintergrund,
die familären Verhältnisse, die nachbarschaftlichen
Beziehungen, die tägliche Solidarität, der Alltag
der ausgebeuteten und unterdrückten Klasse, die Paz aus
seiner kindlich-jugendlichen Sicht ohne Schnörkel anschaulich
macht. Das ist der Humus, aus dem der spanische Anarchismus
wuchs. [...]
Bei allen instruktiven Schilderungen wird klar: Paz ist niemand
der sich produzieren will; niemand, der in den Literaturannalen
eingehen will. Seine Biographie ist ein Bericht aus der Tiefe
der spanischen Arbeiterbewegung; eine Schilderung der unprätentiös
die autonome Selbstorganisation der Arbeiterbewegung aus den
alltäglichen Bedürfnissen schildert. [...]
Paz zeichnet ein eindruckvolles Sozialgemälde eines Teils
der spanischen Gesellschaft der 1920er/1930er Jahre, die
- im Gegensatz zu den nordeuropäischen Gesellschaften
- noch feudalistischen Strukturen verhaftet war. [...]
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