ISBN 3-936049-73-4
ISBN 978-3-936049-73-2
99 Seiten
7 €

 

 

FAU-MAT (Hrsg.)
Gender und Arbeit
Geschlechterverhältnisse im Kapitalismus

Die Entstehungsgeschichte von Geschlechterverhältnissen ist eng mit der kapitalistischen Produktionsweise verbunden, sowie mit konservativen Diskursen und Strömungen, staatlichen Regulationsweisen, Machtverhältnissen und Wissenschaften, welche versuchen Männer- und/oder Frauenbilder und die geschlechtliche Arbeitsteilung als naturgegeben und unveränderbar darzustellen. Die Folge davon ist ein hierarchisches Geschlechterverhältnis. Um diese Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu kritisieren, haben sich neben einer ArbeiterInnenbewegung auch feministische Bewegungen begründet. Diese versuchen entlang der Themenfelder Arbeit, Sexualität und Sozialisation gesellschaftliche Verhältnisse zu analysieren und zu verändern. Der Anarchosyndikalismus ist der Versuch, die Macht und die Gewalt des kapitalistischen Systems dort anzugreifen, wo es am meisten weh tut: in den Produktionssphären, d.h. in den Betrieben, aber auch in den Reproduktionssphären, d.h. in den Schulen, Kindergärten und auch in den Familien. Deshalb setzen sich auch die Beiträge dieses Buches mit folgenden Fragen auseinander: Wie konnten sich geschlechtshierarchische
Arbeitsteilungen durchsetzen, wie werden überhaupt Geschlechterrollen, also binäre Beziehungen zwischen ‚Männern' und ‚Frauen' konstruiert, weshalb werden sie konstruiert und warum braucht der Kapitalismus überhaupt Geschlechterverhältnisse, sowie welche Möglichkeiten gibt es, diese Verhältnisse zu dekonstruieren?

Mit Beiträgen von: Tanja Carstensen & Melanie Groß, Jürgen Mümken, Wolfgang N. Nacken, Hilde Hoherz, Sabine Groengroeft, FAU-IAA Ortsgruppe Hamburg

Rezensionen

Stefan Paulus: "Gender und Arbeit", erschienen in der direkte aktion Nr 181 - Mai/Juni 2007
Die Entstehungsgeschichte geschlechtlicher Arbeitsteilung ist eng mit der kapitalistischen Produktionsweise verbunden. Staatliche Regulationsweisen versuchen Männer- und/oder Frauenbilder und die geschlechtliche Arbeitsteilung als naturgegeben darzustellen. Um Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu kritisieren und zu demolieren, haben sich neben einer ArbeiterInnenbewegung auch feministische Bewegungen begründet. Der Anarchosyndikalismus ist der Versuch, die Macht und die Gewalt des kapitalistischen Systems dort anzugreifen, wo es am meisten weh tut: in den Produktionssphären, d.h. in den Betrieben, aber auch in den Reproduktionssphären, d.h. in den Schulen und in den Familien. Die Beiträge dieses Buches setzen sich mit folgenden Fragen auseinander: Wie und weshalb werden überhaupt Geschlechterrollen konstruiert, wie konnten sich geschlechtshierarchische Arbeitsteilungen durchsetzen, und warum braucht der Kapitalismus überhaupt Geschlechterverhältnisse?
Der Beitrag von Melanie Groß und Tanja Carstensen: „Feministische Theorien – Strömungen, Widersprüche und Herausforderungen“ gibt eine Einführung in verschiedene feministische Konzepte der letzen 30 bis 40 Jahre. Feministische Theorien setzen sich – bei aller Unterschiedlichkeit – seit ihrer Entstehung mit der Frage nach Geschlechterverhältnissen auseinander. Dabei geht es zumeist um die Analyse von Macht- und Herrschaftsverhältnissen, die sich in den Feldern Sexualität, Arbeit und Sozialisation entlang der Achse Geschlecht herausbilden und wirken. In den 1970er Jahren entstehen Theorien, die sich mit dem Verhältnis von Geschlecht und Kapitalismus auseinandersetzen: „Hausfrauisierung und Kolonisierung der Frau“ und „Mittäterschaft von Frauen“ werden vieldiskutierte Theorien. Der Artikel stellt neben diesen strukturtheoretischen feministischen Positionen auch solche vor, die Geschlecht als soziale Praxis verstehen und damit den Blick auf soziale Interaktionen richten. In diesem Kontext wird die Annahme der 'Natürlichkeit’ von Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität radikal kritisiert. Postkoloniale Theoriepositionen kritisieren zudem das koloniale Erbe der weißen westlichen feministischen Theoriebildung und demaskieren die Funktionsweise von ethnisierten Zuschreibungen bspw. an die ‚MigrantIn’, als konstitutiv für ‚die deutsche Frau’.
Im Mittelpunkt des Beitrages von Wolfgang A. Nacken: „Nieder mit dem Männerwahn!“ stehen Überlegungen zu "hegemonialen Männlichkeiten" und der damit verbunden Theorie des australischen Soziologen Robert Connell, welche eine weit reichende und zugleich schlüssige Erklärung bietet, weshalb ‚Männer so sind wie sie sind’. Nach einer Vorstellung der Connellschen Theorie wird im zweiten Teil des Artikels die Entwicklung einer politischen Strategie erörtert, die ein anarchistisches Verhältnis der Geschlechter zum Ziel hat. Ansatzpunkt ist dabei die Dekonstruktion herrschender Männlichkeitsmythen.
Zur Durchsetzung neuer Arbeits- und Geschlechterverhältnisseim Kapitalismus bietet der Beitrag von Hilde Hoherz „150 Jahre Hausfrau“ wesentliche Erklärungsansätze: Die sich im 19. Jahrhundert etablierende bürgerliche Gesellschaft geht davon aus, dass alle Frauen denselben Beruf haben: Hausfrau und Mutter. Qua Definition gilt das auch für die Frauen, die zum Beispiel in Fabriken lohnarbeiten. Der sich entwickelnde Kapitalismus schafft sich durch den Zugriff auf die nicht entlohnte Hausfrauenarbeit eine kostengünstige Reproduktion der Arbeitskraft: Die weibliche Reproduktionsarbeit wird zum komplementären Arbeitsverhältnis zur männlichen Lohnarbeit. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wird die Hausfrau als Arbeits- und Geschlechterverhältnis durchgesetzt. Das Fazit dieses Beitrages lautet, dass dieses neue Arbeits- und Geschlechterverhältnis nicht gottgegeben ist, denn Frauen werden ebenso wenig freiwillig zu Hausfrauen, wie Männer freiwillig zu Lohnabhängigen werden.
Um die neoliberale Transformation der Arbeit geht es in dem Beitrag von Jürgen Mümken. In seinem Artikel „Schöne neue Arbeitswelt!“ wird die Repräsentation und Bedeutung der Arbeit im Neoliberalismus analysiert. Die neoliberalen Transformationen der Arbeit haben weit reichende Konsequenzen für die gegenwärtige Verfassung der Gesellschaft, für die antikapitalistischen Kämpfe und gewerkschaftliche Organisierung. Dieser Prozess bringt neue Formen von Subjektivitäten hervor, die unmittelbar mit einer neoliberalen und post-tayloristischen Arbeitsorganisation verknüpft sind. Ausgehend davon stellt Mümken Diskurse vor, die versuchen, die neoliberale Transformation der Arbeit innerhalb eines „entgrenzten“ Kapitalismus begrifflich und theoretisch zu fassen. Ausführlicher wird auf den Begriff der „sexuellen Arbeit“ und des „unternehmerischen Selbst“ eingegangen.
Der Beitrag von Sabine Groengroeft: „Angst essen Seele auf oder gemeinsamer Kampf?“ wirft einen Blick auf zwei prägnante und wichtige Begriffe der Kritischen Psychologie: die restriktive und die verallgemeinerte Handlungsfähigkeit. In diesem Kontext stehen die Fragen: Welche Möglichkeiten habe ich, mich zu den Widersprüchen der „bürgerlichen“ Gesellschaft und ihren Praktiken zu verhalten? Wo habe ich Einfluss auf Veränderungsprozesse? Was passiert, wenn ich mich ihnen anpasse, unterwerfe? Welche Risiken kann ich überhaupt eingehen? Als AngestellteR, als Mensch, als ErwerbsloseR, als Ich-AG? Groengroeft betont in diesem Beitrag die zentrale Prämisse kritisch-psychologischen Denkens: Menschen schaffen Verhältnisse und können somit auch Verhältnisse ändern.
Das Nachwort der FAU-IAA Ortsgruppe Hamburg beinhaltet die Reflexion der oben gestellten Fragen und erörtert weitergehende Strategien in Bezug auf die Veränderung der gegenwärtigen Verhältnisse.
Zum besseren Verständnis zentraler Begriffe zum Thema „Gender und Arbeit“ wurde diesem Buch auch ein Glossar beigefügt.



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