ISBN
978-3-936049-76-3
156 Seiten
16 €
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Sulamith
Sparre
Rahel Levin Varnhagen (1771 - 1833)
Salonière, Aufklärerin, Selbstdenkerin, romantische
Individualistin, Jüdin
„Ich bin so einzig, wie die größte Erscheinung
dieser Erde. Der größte Künstler, Philosoph,
oder Dichter ist nicht über mir. Wie sind vom selben
Element. Im selben Rang, und gehören zusammen. Und der
den andern ausschließen wollte, schließt nur sich
aus. Mir aber war das Leben angewiesen; und ich blieb im Keim,
bis zu meinem Jahrhundert und bin von außen ganz verschüttet,
drum sag’ ich’s selbst.“
Diese Briefzeilen gingen im Jahre 1805 an David Veit,
einen jüdischen Medizinstudenten und Freund der Verfasserin.
Die Kühnheit ihrer Worte hat Anstoß erregt. In
Wirklichkeit aber sind sie eine objektive Selbstdefinition
mit historischem Überblick, den nur sie selbst geben
konnte, denn sie allein wußte, welche Fähigkeiten
sie hatte, die nicht zur Geltung kommen konnten, da es noch
keine „Anstalt“, keine Entfaltungsmöglichkeiten für
sie gab, keine angemessenes öffentliches Forum.
„Ich blieb im Keim, bis zu meinem Jahrhundert.“ Ihr Jahrhundert
ist freilich nicht das 18., in dem sie lebte, - ihr Denken,
radikal und kompromißlos, führt aus ihrer Zeit
hinaus – und ist weitaus vorurteilsfreier als z. B. das Denken
der Aufklärer, die alle Männer waren und, - mit
einer Ausnahme – Nichtjuden. Die Aufklärung – das wissen
wir heute, - versagte an ihren gesellschaftlichen Außenseitern:
den Frauen und den Juden.
Rahel Levin, verheiratete Varnhagen von Ense, Salonière,
Brief- und Tagebuchschreiberin, als Jüdin doppelt von
der Gesellschaft Ausgeschlossene, existierte lange Zeit nicht
für die germanistische Philologie. Ihr Frau- und Jüdinsein
erschwerte lange Zeit hindurch eine angemessene Würdigung
ihrer Lebensleistung, die zudem quer lag zum gängigen
normativen Literaturkanon (der z. B. Briefe als bloßes
„weibliches“, d. h. minderes Schreiben, abtat). Die „Frankfurter
Rundschau“ nannte ihr Werk, - das 1983 erstmals wieder in
einer Neuausgabe zugänglich war – „den vielleicht reichsten
Schatz der deutschen Literatur, weitgehend ungehoben und nur
zu Teilen überhaupt erst veröffentlicht.“
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